Meine Reise vor der Reise

Veröffentlicht am 28. Juli 2024 um 21:47

Mein Leben lief bis dato stringent und in Richtung "höher, schneller, weiter" - bis mich Gespräche mit engen Vertrauten, eine knallharte Selbstreflexion, Ruhe und Stille auf einen anderen Pfad führten.

Faszination Fußball

Ich glaube seit ich das Laufen gelernt habe, konnte mir keiner mehr einen Ball vom Fuß nehmen - also außer die meisten Gegenspieler, da meine Technik manchmal zu wünschen übrig lässt - und diese Liebe hält bis heute an. Von den Minikickern bis zu den Herren wurde jede Saison gekickt. Aber nicht nur im Verein hat mich dieser Sport gefesselt. In jeder Lebenslage. Auf dem Schulhof. Im Garten. Im Wohnungsflur. Auf der Konsole. In der Sporthalle. Auf der Straße. Mit einem Tennisball. Mit meinem Opi. Mit meinem Papa. Mit meinen Freunden. Mit Klassenkameraden. Mit Manschaftskollegen. Egal wo und egal mit wem: Fußball war meine große Leidenschaft. Das ging sogar so weit, dass ich den Ball nicht mehr loslassen und ihn in mein Bett mitnahm um besser einzuschlafen. Auch heute zucke ich noch ruckartig mit meinem rechten Fuß wenn auch nur etwas kugelartiges in meine Richtung rollt.


Dieser Sport ist für mich aber weitaus mehr als reine Beschäftigung. Ich habe gespürt, wie sehr diese Aktivität verbinden kann, sowohl auf als auch neben dem Feld. Ich habe mit Opi (so nennen wir liebevoll meinen nicht-leiblichen Opa; wird eher "Oppi" ausgesprochen) diese Begeisterung beim Spielen frenetisch teilen können. Ob auf dem im Garten von den Nachbarn nutzbaren Fußballfeld, dem Hausflur oder auf dem Weg meine Schwester von der Schule abzuholen. Der Ball hat uns begleitet. Die unzähligen Stunden voller Glück, Verbundenheit und Spaß haben uns mehrere Generationen und Barrieren überspringen lassen und sind in tiefer familiärer Liebe geendet.
Mein Vater nahm mich bereits als kleiner Junge mit ins Stadion zum BVB. Und mir gefiels. Welch Überraschung! Diese Stimmung, diese Atmosphäre und Begeisterung hautnah zu erleben, war für mich eine neue Welt. Von dort an hieß es für Papa und mich jedes zweite Wochenende mittels Dauerkarte diesen Ort aufzusuchen. Es war so ein schönes Ritual mit seinem Dad den Verein zu supporten, in den ich mich von Kleinauf verliebt habe. Wir haben in den Zeiten von Bert van Marwijk und Thomas Doll gestartet und konnten die surrealen, traumhaften Jahre unter Jürgen Klopp gemeinsam bestaunen. Ein Auf und Ab wie es nur das Leben selbst schreibt. Diese gemeinsamen Momente zu durchleben, zu fluchen, zu feiern, zu bangen und zu explodieren haben uns sehr zusammenschweißen lassen.


Wie die Pubertät nun mal spielt, begann ich auch andere Interessen zu entwickeln. Plötzlich waren Mädels, Partys und Alkohol in enger Konkurrenz mit meinem Lieblingssport. Als dann noch klar war, dass mein Talent nicht ausreicht um damit auch nur ansatzweise im Profifußball Fuß zu fassen, meine Ausbildung und eine feste Freundin meine Prioritäten verschieben ließ, fasste ich den Entschluss dem Fußball nur noch als Fan beizuwohnen. Adieu Spiel und Spaß.

Über Ausbildung, Studium und Büro nach Italien und Ghana

Mir hat es in meinem bisherigen Leben nie an etwas substanzielles gemangelt. Ich hatte immer alles was ich brauchte. Nur sah ich das als Jugendlicher und junger Erwachsener nicht. Ich wollte mehr. Ich wollte hoch hinaus. Ich wollte Geld und Status. Aber auch gleichzeitig das Leben leben. Neben Ausbildung und Studium gesellten sich Alkohol- und Partyexzesse, die ihres gleichen suchten. Ich möchte ganz viele Momente nicht missen, aber heute glaube ich dass mein exessiver Alkoholkonsum teilweise eine Flucht von meinem tieferliegenden Ich war, um bloß nicht von meinem eingeschlagenen Weg abzukommen. Nach dem Studium bin ich beim DRK-Landesverband Westfalen-Lippe in der Personalabteilung u. a. als Ausbilder, mit dem Hintergedanken bald einen Master neben dem Job zu wuppen, gelandet. Schöne Wohnung. Weniger Alkohol. Mehr Geld. Unterstützende Familie. Tolle Freunde. Nette Nachbarn. Alles bestens, oder? Oberflächlich - total! Tiefliegender - Nein, hör nochmal genauer hin! Wohnung gekündigt, Berufsleben ruhen lassen - Zeit für mich. Weichen gestellt.


Ich wusste schon immer, dass ich für eine längere Zeit ins Ausland wollte, aber ich glaube ich hatte oft Angst diesen Schritt wirklich zu gehen. Bis mir bewusst wurde: die Zeit bleibt nicht stehen, zum Glück! Aber für mich ganz wichtig gewesen zu realisieren, dass ich jetzt, wo ich nur Verantwortung für mich trage, jung und unabhängig bin, diese Chance ergreifen möchte. Natürlich war all das ein langwieriger Prozess, bei dem mich viele tiefführende Gespräche begleitet haben. Es ist so ein Segen Menschen um sich zu wissen, mit denen ich vorurteilsfrei und wertschätzend mein Inneres nach außen tragen kann. Gleichzeitig habe ich mich des Öfteren in die Ruhe und Stille, nur mit mir begeben. Beispielsweise durch einen Aufenthalt im Kloster Arenberg (sehr empfehlenswert!). Dort habe ich auch einen Satz aufgegriffen, mit dem ich am Anfang wenig anfangen konnte, ihn aber immer mehr verstehe: Wenn nichts passiert, passiert so viel.


Und Halleluljah, es ist so viel passiert! Ich war Anfang diesen Jahres für kurze Zeit bei Schnee und Regen als Promoter auf der Straße und habe jeden Hans und Franz angesprochen. Was für ein Schritt aus meiner Komfortzone. Anschließend bin ich für ca 5 Monate in Italien als Hobby-Handwerker, Tourguide, Wassersportler und so vieles mehr aktiv gewesen. Basic-Italienisch gelernt. Bootsführerschein ergattert. Geschnorchelt. Getaucht. Windgesurft. Kajak gefahren. Wunderschöne Touren geleitet und begleitet u. a. an die Amalfiküste, Pompeii und zum Vesuv. Gäste betreut. Wunderschöne Natur erlebt, mit Wanderschuhen oder Mountainbike. Eine unglaubliche Zeit gehabt. So viel mitgenommen und gelernt. Nun steht das nächste Abenteuer an und ich freue mich riesig. Auch dass du anscheinend dabei bist und mich hoffentlich weiter begleitest!

Meine Einordnung

Ich bin total happy, dass ich mir bereits in jungen Jahren ein ordentliches berufliches Fundament gebaut habe. Glücklicher bin ich jedoch, dass ich jetzt mein Leben vollkommen selbst in die Hand genommen und mich von vielen äußeren Einflüssen und Erwartungen lossagen konnte. Fairerweise kann ich das auch nur durch eine sehr unterstützende Familie, die mir ganz viel ermöglicht hat und mir als totales Fangnetz dient. So ein schönes Gefühl!

Ich spüre in mir eine tiefliegende Energiequelle, dir mir für mein weiteres Leben wahnsinnig viel geben kann. Ich merke mit wie wenig ich im Leben vollkommen glücklich und zufrieden sein kann. Ich spüre eine Freiheit und ein Hauch von Frieden in mir. Und ich glaube das ist erst der Anfang. In der Vergangenheit habe ich total viel nach Kosten-Nutzen, Sinn und Logischem entschieden. Bank und BWL liegen da natürlich nicht völlig fern. Und ich bin auch total dankbar dieses Werkzeug (meinen Verstand) nutzen zu können, jedoch merke ich auch je weniger ich meine Lebensentscheidungen danach ausrichte (zumindest zum jetzigen Zeitpunkt), desto wohler fühle ich mich. In mein Herz und mich hineinzuhören war mindestens genauso wichtig, wie den Verstand walten zu lassen. Ich wünsche mir, dass ich im Anschluss an meinen Freiwilligendienst eine schöne Symbiose aus Herz und Verstand finden kann.

Wieso dieses Projekt?

Wieso eine Fußballacademy kannst du dir jetzt sicherlich denken. Gleichzeitig wollte ich bewusst einen drastischen Perspektivwechsel. Ich möchte mich stärker von meiner Prägung und meinen Priviliegen entfernen, um einen offeneren, wertschätzenderen und bewussteren Geist zu finden. Die Möglichkeit Kindern und Jugendlichen etwas zurückzugeben und diese Faszination Fußball mit ihnen zu teilen, hat mich total gereizt. Ich möchte in einen neuen Kontinent, ein neues Land mit völlig fremder Kultur eintauchen und mich darin verlieren. Ich möchte erleben mit wie wenig Materialismus Menschen leben können und trotzdem reich sind. All diese Dinge kann mir dieses Projekt möglicherweise bieten. Deswegen die Stormsoccer Academy in Bepong, Ghana.

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Kommentare

Bianca Fehse
Vor 9 Monate

Toll geschrieben ❤️

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