Nach einer intensiven Zeit und meinem Entschluss, gilt es einen Abschied für die Schüler und Spieler vorzubereiten. Dabei kann ich endlich den BVB-Merch überreichen und nochmal die Liebe der Schulkinder spüren.

Illusion der Zeit
Ich hätte niemals gedacht, dass ich bereits heute am 17.11 die Zeilen über meinen vorangegagnen Abschied schreiben werde. Nichts von dem war geplant und kam schneller als ich es mir vorgestellt habe. Die Zeit verging auf der einen so unfassbar schnell, auf der anderen Seite ist in dieser kurzen Zeitspanne so viel passiert, wie vielleicht in manchen ganzen Jahren nicht und fühlt sich deshalb auch nicht nur wie 3 1/2 Monate an. Ich glaube vieles kann man auch nicht in der klassichen Zeit ausdrücken. Was außerhalb und innerhalb von einem abläuft kann von der Zeit unabhängig sein. Für mich ist nicht nur die Relativitätstheorie ein Hinweis oder Beweis, dass Zeit relativ ist, sondern habe ich mir auch schon vor einiger Zeit (wie paradox) bewusst gemacht, dass Sekunden, Minuten, Stunden, Tage, Wochen, Monate und Jahre Erfindungen des Menschens sind, um sich die Welt um uns herum für den Verstand erklärbarer und strukturierter erscheinen zu lassen. Das einzige was für mich zählt ist eine aneinander gereihte Perlenkette aus Momenten, die sich Lebensschnur nennt (Verbildlichung aus dem Buch "Das Märchen vom kleinen Jetzt"). Und ich muss sagen, die Perlen (Momente), die sich in Ghana auf meine Kette gefädelt haben, stechen in ihrer andersartigkeit zu meinem bisherigen Leben deutlich heraus. Ihren Wert werde ich vermutlich erst nach dem Sammeln weiterer Momente in ihrer gänze erkennen. Jetzt befinde ich mich wieder in meinem gewohnten und geliebten zuhause. Mir geht es gut obwohl ich merke, dass vieles noch nachhallen muss und auf eine Verarbeitung wartet. Dafür werde ich mir aber auch den Raum und die Zeit geben. Ganz entspannt und wertfrei.
BVB-Akademie
Ich konnte mir zu meinem Abschied kein besseres Geschenk als das Überbringen der Trikots, Hosen und Stutzen von Borussia Dortmund wünschen. Ich glaube damit konnte ich sowohl den Spielern als auch mir selbst eine riesen Freude bereiten. Diese sollen jetzt für Trainings oder Spiele der Akademie dienen und sehen einfach nur wunderschön, sowohl an den Jugendlichen, als auch in der Kulisse aus. Ursprünglich wollte ich dabei natürlich an der Seitenlinie stehen und mit noch mehr Motivation die Jungs über den Platz jagen. Das sollte jedoch nicht sein. Emotional wurde es für mich trotzdem. Es wurde nämlich mehr greifbar, dass ich ein Stück Heimat und ein Stück von mir den Spielern schenken kann, dabei jedoch Lebwohl sagen musste. Ein Wechselbad der Gefühle. Jedoch steht das Positive deutlich im Vordergrund und ich empfinde große Dankbarkeit für so vieles.


Na was sagt ihr? Selbst als Nicht-BVB-Fan muss man doch anerkennen, dass den Jungs die Farben und die pure Schönheit der Outfits stehen oder? Ich merke auch jetzt im grauen Deutschland wieder, wie malerisch die Kulisse ist. Das könnte ein Trainingslager einer U-Manschaft vom BVB sein. Ich bin auf jeden Fall sehr angetan von den Bilder und den Momenten der Übergabe. Die Spieler haben sich gefreut und einige versprachen mir nun BVB-Fan zu werden. Also Mission erfüllt! Ein wenig Bestechung und schon ist die BVB-Community gewachsen.


Im Anschluss gab es direkt eine kleine Trainings-Session, in der ich es wahnsinnig genossen habe einfach nur zuzuschauen und die Bilder in mich einzusaugen. Die Aktion war somit ein voller Erfolg und wäre nie ohne den BVB zustande gekommen. Wir nahmen zum Schluss noch kleine Danke-Videos auf, die ich bereits mit Wohlwollen an den BVB weitergeleitet habe. Manchmal kann es so simpel und einfach nur wunderschön sein. Und für diesen Anlass habe ich auch genau das passende Lied. Es ist 2011 als Borussia Dortmund das erste mal in meinen Erinnerungen Deutscher Meister wurde, was nur getrübt werden konnte, durch den Abschied von Nuri Sahin zu Real Madrid. Ich, 13 Jahre, total angefasst als der damals 22 Jährige Richtung Südtribüne kommt und dabei folgendes Lied läuft, welches ihr nur auf Youtube findet:
Wir sind Freunde
Echte Liebe (Mein BVB)
"Gehe deinen Weg. Fühle deine Kraft.
Gebe was du kannst. Traue deinem Herz..."
Schul-Abschied
Ich muss sagen, dass mir bei den Gedanken an den Abschied der Schüler meiner Klasse die meisten Bauchschmerzen gekommen sind. Der Austausch war oft auf einer persönlichen Ebene und auch nicht selten intensiv. Gleichzeitig wurde im Unterricht viel gelernt, gelacht und geschimpft. Dabei sich gegenseitig kleine Geschenke zu geben (kleine Geschenke erhalten definitiv die Freundschaft Leute!) und sich wertzuschätzen hat selbst in dieser doch "kurzen" Zeitspanne eine Bindung hervorgerufen, die mir sehr schwer gefallen ist, aufzugeben. Jedoch war auch das für mich unumgänglich. Noch schnell ein spontanes Fotoshooting ins Leben gerufen, ohne den Kindern bereits zu verraten was der Hintergrund ist, bastelte ich auch hier ein kleines Abschiedsgeschenk für jeden. Ein Foto, auf dessen Rückseite ein Zettelchen mit persönlichen Worten garniert mit Süßigkeiten zu finden war.


Als der Tag dann tatsächlich gekommen war und ich die doch traurige Nachricht überbrachte, kippte die sonst so fröhliche und aufgeweckte Stimmung im Klassenraum. Die Schüler freuten sich eigentlich auf den Unterricht als ich als Überschrift nicht "Mathematics", sondern "Announcement" an die Tafel schrieb. Ich glaube die Kinder haben mit vielem gerechnet, aber nicht damit. Ich musste auch vor meinen Abschiedsgedanken oft glaubwürdig erklären, dass ich bis nächstes Jahr Juli bleiben werde. Sie nun mit meiner Abschiedsnachricht zu konfrontieren kam unerwartet. Jedoch gehört es für mich dazu, wenn man voller Überzeugung eine Entscheidung trifft, auch die Konsequenzen zu tragen. Und die Konsequenz waren leere, unglaubwürdige Blicke, die mit Stille untermauert wurden. Dabei versuchte ich ihnen meine Beweggründe so greifbar wie möglich zu machen. Es sind auch Tränen gekullert und ich versuchte sowohl der ganzen Klasse durch das Beantworten von Fragen und das Trösten jedes Einzelnen in dieser Ausnahmesituation gerecht zu werden. Leider halfen da meine kleinen Geschenke auch nur bedingt. Sie sollen aber auch eher als Erinnerung dienen.
Schlussendlich konnte ich die Situation nicht schön reden, sondern nur meine Liebe und Dankbarkeit für die teils wunderschönen, neuen Perlenketten auf meiner Lebensschnur ausdrücken. Auf folgenden Bildern kommt mir auch meine Entscheidung, kurz vor meiner Abreise, einen neuen Friseur auszuprobieren, teuer zu stehlen. Manche Entscheidungen entpuppen sich augenblicklich als fatal. Aber das ist okay. Vielleicht war es auch das was die Kinder bedrückt hat, sich mir nur keiner zu sagen traute.

Zum Abschluss hatte ich noch eine Musikbox von Max mitgebracht um zum endgültigen Abschied nochmal zu lachen und zu tanzen. Leider kam dabei nicht die sonst gewohnte ausgelassene und freimütige Stimmung zustande, wie es sonst der Fall war. Wieder ein Beleg, dass vieles auch nicht planbar und berechenbar ist. Das war aufgrund der Traurigkeit einiger Schüler aber auch mehr als verständlich.
Zwischenzeitlich bin ich auch in die anderen Klassen gegangen und habe mich sowohl von den Schülern als auch von den Lehrern verabschiedet. Und ich finde auf folgenden Bildern kann man ansatzweise die unglaubliche Herzlichkeit und Liebe vieler Kinder erkennen, die mich so wahnsinnig umgehauen hat. Nach meiner Nachricht in Samuels Klasse sind die Kinder auf mich zugestürmt und wollten mich minutenlang nicht gehen lassen. Ich habe für vieles keine Worte. Manchmal reichen Bilder. Manchmal reichen nicht mal Bilder. Es war auf jeden Fall überwältigend. Kinder sind so etwas unglaubliches manchmal für mein Erwachsenen-Dasein. Ich wünsche mir für uns alle, dass wir wieder etwas mehr unser Kind entdecken.


Und ich glaube tatsächlich "niemals geht man so ganz". Ich werde mit Sicherheit, auch wenn es möglicherweise nur mit Kleinigkeiten ist, einigen Kindern etwas mitgegeben haben und somit bleibt ein kleines Stück von mir vor Ort. Auch ich habe einiges von den Kindern mitnehmen dürfen und werde es mit Freude und stolz bei mir und in meinem Herzen tragen.
Phil Collins
You'll be in my Heart
"... I know we're different, but deep inside us
We're not that different at all
And you'll be in my heart..."
Und somit endet das Sammeln weiterer Eindrücke und Momente in Afrika, Ghana für mich vorerst. Ich blicke aber jetzt schon so voller Dankbarkeit auf unzählige Momente zurück. Samuel und Max haben mich bis zum Schluss begleitet und wir haben zum Abschied 3 Tage in Accra verbracht, ehe sie mich am Freitag, den 15.11.24 zum Flughafen gebracht und verabschiedet haben. Es gibt weiterhin noch einiges zu berichten und das werde ich hier in diesem Blog auch weiterhin tun, also es wird weiterhin Einträge zu verschiedenen Themen geben, für die ich noch keine Zeit gefunden habe. Bis dahin!
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