Freizeitgeschichten

Veröffentlicht am 3. November 2024 um 19:46

Neben unserer Routine suchen wir gezielt nach eigenen Abenteuern, doch oft erleben wir durch Zufall unvorhergesehene Momente.


Farmgeschichten

Wir haben durch vorherige Freiwillige schon viel positives über einen Farmer gehört, der sich in unserer Nähe niedergelassen hat. Durch Zufall haben wir ihn im Dorf kennengelernt und spürten sofort wieso das Feedback so gut ausfiel. Nico scheint ein herzensguter Mensch zu sein, der gerade dabei ist sich ein Farmer-Leben aufzubauen. Er lud uns zu ihm ein um sich sein Areal hautnah angucken zu können und wir waren natürlich interessiert wie so eine Farm in Ghana aussieht und funktioniert. Der Standort ist tatsächlich ziemlich im nirgendwo, aber das macht den gesamten Charme auch aus.

Kein Trubel, kein Verkehr und sehr wenige Menschen. Nichts außer Ruhe, Tiere und die Natur. Vielleicht finde ich solche Orte auch nur besonders anziehend, aber ich fühlte mich sofort wohl und genoß es dort Zeit zu verbringen. Wir ernteten reifen Kasawa (eine Wurzel aus der verschiedene Gerichte z. B. Fufu hergestellt werden) und bauten anschließend wieder neue Pflanze an.

Ich glaube aus mir wird nie ein Vollblut-Farmer, aber es war trotzdem schön zu sehen wie ein Teil der Lebensmittelversorgung vor Ort funktioniert. Nach der Feldarbeit widmeten wir uns dem Zubereiten der frisch geernteten Nahrung. Dafür mahlten wir die Zutaten, schnitten sie klein oder kochten sie um diese anschließend mit einem selbstgebrannten Palmenwein zu verzehren.

Und so fanden wir einen abgelegenen, schönen Ort für uns, den wir hin und wieder besuchen um sich mal zurückzuziehen, aber auch um Nico zu unterstützen und frische, einheimische Gerichte zu verzehren.


Bar-Erlebnis

Die Überschrift lässt erahnen, dass es sich möglicherweise um eine wilde Geschichte mit viel Alkohol handelt. Und das ist auch nicht völlig aus der Luft gegriffen. Nach einem Routinetag wollten wir ein wenig Skat spielen und uns dazu in die nächstgelegene Bar setzen und dabei ein Bierchen trinken. Max und Samu wollten vorher in Mpraeso (das Nachbardorf von Bepong) noch etwas erledigen. Also verabredeten wir, dass sie mich anrufen, sobald sie fertig sind, und wir uns anschließend in der besagten Bar treffen. Nachdem sie mich anriefen und Bescheid gaben, dass ich mich auf den Weg machen könne, setzte einer der vielen, immer wiederkehrenden Stromausfälle ein. Also stapfte ich im Dunkeln mit meiner Handytaschenlampe Richtung Abendlokal, als mich ein erneuter Anruf von Samu erreichte. Er erzählte mir, dass sich gerade ein alkoholisierter Politiker zu ihnen gesetzt habe und ich mir doch etwas einfallen lassen solle, um sie aus dieser Situation zu befreien.

Also kam ich im völligen Dunkeln in dieser Bar an, stellte mich an den Tisch, hielt kurz Smalltalk mit den besagten Gästen und eröffnete Samuel und Max, dass wir noch ganz dringend zu unserem Projektleiter müssen, da dieser mich gerade angerufen hat und unsere Audienz verlangt. Der nette Mann, nennen wir ihn James, entgegnete mir, dass wir doch noch für ein Bier bleiben sollen. Diesem Wunsch konnte ich ihm nicht abschlagen und nahm Platz. So einfach geht es manchmal. Wir unterhielten uns angeregt; er erzählte mir ein wenig aus seiner Lebensgeschichte und fragte, wieso wir denn hier seien. Es war ein wirklich schönes Gespräch, da der Mann mehrfach seine Dankbarkeit gegenüber Deutschland und den Deutschen beteuerte, da diese viel für die Entwicklung des Landes, aber auch für ihn persönlich, getan haben. Er stellte uns per Telefon seine Schwester und seinen Neffen vor, die in Deutschland leben. Er selbst hat lange Jahre in Norwegen gelebt.

Während des Gesprächs floss der Alkohol immer weiter, als sich James plötzlich zu mir hinüberbeugte und mir ins Ohr flüsterte: "We have to plan a little trip to Norway." Ich fragte ihn, was er denn damit meine, und er schlug uns vor, für ein langes Wochenende nach Oslo zu fliegen und von dort mit einem Boot nach Kiel zu fahren, um anschließend wieder nach Frankfurt zu fahren und zurückzufliegen. Er ging dabei besonders auf die Details während der angedachten Bootsfahrt ein, die ich hier jetzt nicht niederschreibe, aber so viel sei gesagt: Er wollte ordentlich einen draufmachen. Er wollte für all das aufkommen und wollte uns das aus Dankbarkeit ermöglichen, da wir gerade in seinem Land helfen. Natürlich kannten wir die vielen leeren Versprechungen von vielen Leuten um uns herum schon, wussten das halbwegs einzuordnen, aber trotzdem stieß er mit dem Vorhaben bei uns auf offene Ohren. Wir tauschten unsere Nummern aus und versprachen uns, in Kontakt zu bleiben. Erst als wir die Bar verließen, realisierte ich, wie viele Autos und Menschen vor der dunklen Bar standen, die zu James gehörten.

Auf unserem Rückweg waren wir teilweise euphorisch bei dem Gedanken, das Geplante auch wirklich zu erleben. Natürlich wussten wir im Hinterkopf, dass die Wahrscheinlichkeit verschwindend gering ist, dennoch spielten wir etliche Szenarien durch und überlegten uns schon, wie wir diesen Trip auch vor unserer Organisation und dem Projektleiter "verbergen" könnten, da das logischerweise nicht im Rahmen unseres Freiwilligendienstes wäre. Dabei war es schön – ich glaube, so wie es die Leute hier auch oft machen –, nicht den Realismus, sondern den Traum durchzuspielen. "Was wäre, wenn...?" Der Rückweg hat so viel Spaß gemacht, wir lachten unglaublich herzhaft und verloren uns in den Gedankenspielen. Das Ende vom Lied: Er hat sich natürlich nicht mehr gemeldet, und unser Trip nach Norwegen hat nie stattgefunden. Die Geschichte werde ich trotzdem so schnell nicht vergessen. Später fanden wir heraus, dass James zumindest nicht mit dem Teil seines Politiker-Daseins geflunkert hat, sondern einen hohen Posten in einer Partei hier im Land innehat. Wieso er sich ausgerechnet an diesem Abend, in dieser Bar im Nirgendwo, bei Stromausfall zu Max und Samu gesetzt hat, bleibt ein Geheimnis. Eine tolle Begegnung mit viel Gelächter und Luftschlössern bleibt bestehen.


Tanzwettbewerb

An einem Freitagabend veranstalteten wir gemeinsam mit Latif einen Tanzwettbewerb für die jüngeren Spieler unserer Akademie. Dafür versammelten wir uns im Camp der Spieler, also dort, wo sie gemeinsam wohnen. Getanzt wurde im 1-gegen-1-Modus zu ghanaischen Afro-Beats. Wer einen besseren Eindruck hinterließ, kam in die nächste Runde. Und wer könnte eine bessere Tanz-Jury bilden als drei hüftsteife Deutsche, die höchstens bei 1,5 Promille ihre Hüften kreisen lassen? Mir fällt da fast jeder ein, aber sei es drum – der Spaß war natürlich unsere Legitimation. Und davon gab es an diesem Abend reichlich!

Ich finde es so bewundernswert, welche Tanzkultur in diesem Land herrscht. In jeder Lebenslage – auf Beerdigungen, im Unterricht, beim Einkaufen, im Gottesdienst oder auf dem Sportplatz – überall und zu jeder Tages- und Nachtzeit bewegt man sich zu rhythmischen Klängen. Selbst das Aufwärmen vor Spielen erinnert häufig an einen einstudierten Gruppentanz, bei dem sich jeder mit einer unverschämten Lockerheit perfekt im Gruppenrhythmus bewegt. Als wir mal mitspielten und uns in die Choreografie einfinden wollten, müssen wir ausgesehen haben wie eine Gruppe steifer Pinguine, die versucht, sich mitten unter einem Schwarm anmutig tanzender Flamingos einzureihen – bemüht, den Rhythmus zu finden, aber immer ein paar Schritte daneben. Die Lacher der Spieler waren auf jeden Fall ausgiebig – zu Recht!

Auch an diesem Abend gab es einige Moves und Tanzschritte zu bestaunen, obwohl die Kinder teilweise erst 10 Jahre alt sind. Das Körpergefühl und diese Beweglichkeit versetzen mich oft ins Staunen. Leider kann ich hier keine Videos einfügen, sonst wüsstet ihr vermutlich, was ich meine. Gemischt mit aktuellen, frischen Beats war dieser Abend ein voller Erfolg, auch wenn's bei einigen Duellen heiß herging und die anschließende Entscheidung durch Kleinigkeiten gefällt wurde. Letztendlich konnten wir aber einen Sieger küren, der ausgiebig gefeiert und mit Süßigkeiten aus Deutschland belohnt wurde. Zum Abschluss sollten wir einen deutschen Song abspielen, bei dem wir uns unter die Tanzgruppe mischten. "Nie ohne mein Team" von 187 erschien uns sowohl inhaltlich als auch für unsere Tanz-Skills der richtige Song. Dabei ging’s tatsächlich ziemlich rund, und jeder fegte nochmal mit voller Energie übers Parkett, um einen gelungenen Abend und sich selbst zu feiern.


Höhlen-Erkundung

An einem freien Tag beschlossen wir eine Expedition zu starten und zu einer nahgelegenden Höhle aufzubrechen, die in einem Nachbarort liegt, von der wir Wind bekommen haben. Wir hörten jedoch auch, dass es keine Führungen durch einen Guide mehr gibt und die Höhle somit nicht betretbar sei. Wir, davon keineswegs abgeschreckt, machten uns auf eigene Faust auf den Weg diese zu entdecken. Am Ort angekommen, schlenderten wir durch eine Art Geisterstadt. Es fuhr weder ein Auto, noch waren Menschen zu sehen. Es war sehr schwühl und windstill. Niemand den wir fragen konnten, also beschlossen wir selbstständig uns einen Weg, außerhalb des Dorfes, durch dschungelartiges Terrain zu erschließen. Und tatsächlich schafften wir es nach einigen Stunden des Suchens den gewünschten Höhleneingang zu finden. Wir begriffen, wieso es keinen Guide und keine Führungen mehr gab, da der Weg dorthin nicht gerade ungefährlich und sehr Überarbeitungsbedürftig erschien.

Wir alten Höhlenforscher ließen uns aber durch nichts abschrecken und bahnten uns langsam Schritt für Schritt unseren Weg. Drinnen angekommen war es wenig überraschend sehr dunkel und beengend. Überall waren jedoch Seile, die einen den Weg ebneten und den Halt sicherten. Mit Taschenlampen stiegen wir tiefer hinab und hofften im Verborgenen einen Schatz oder zumindest einen schönen Platz mit Wasserfall (oder so) zu finden. Es gab jedoch nichts spektakuläres zu entdecken, außer die Abenteuerlust und Waghalsigkeit in einem selbst. Als mir dann 10 cm vor meinem Gesicht eine Fledermaus noch gerade so auswich und an den immer enger werdenden Wänden große spinnenartige Wesen auf mich warteten, beschlossen wir lieber wieder den nächsten Ausgang zu suchen, bevor wir noch mehr Höhlenbewohner aufschreckten und ihren kostbaren Schlaf raubten. Bei dieser Entscheidung handelten wir ausschließlich selbstlos und hatten sonst keinerlei andere Gedanken, weswegen wir kehrt machen wollten (Ironie).

Draußen angekommen und den kleinen Berg wieder hinabgestiegen fühlte es sich richtig geil an auf eigene Faust sich ein kleines Abenteuer mit Nervenkitzel und Entdeckungen kreiert zu haben und nicht typisch touristisch eine Tour gebucht zu haben und in einer gewissen Sicherheit zu schweben. Wir gingen zurück ins Geisterdorf, wo ich noch einige Runden Karten mit Godwill, einen Bewohner des Dorfs spielte. Einige Niederlagen, aber Gelächter später machten wir uns unversehrt mit einem seltenen Anblick in diesem Ort, einem Taxi, auf unseren Heimweg.


Es gibt Neuigkeiten - sehr große sogar! Ich denke darum wird es in dem nächsten Eintrag gehen, darüber hinaus gibt es aber noch so viel mehr zu berichten. Ich werde weiterhin dranbleiben, auch wenn manchmal ein wenig Zeit verstreicht.

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